に
ほ
ん
に
い
き
ま
す
Ich gehe ins Land der aufgehenden Sonne.
日
Tage
Bei meiner Ankuft in 沼津 in der Präfektur 静岡, kurz vor 07:00 Uhr am Morgen, war noch nichts von 富士山 zu sehen. Die Wolken hingen scheinbar so dicht über dem Boden, sodass gerade mal das untere Drittel des Berges zu sehen war, der anhand der ungewöhnlichen Symmetrie seiner Gefälle zu erkennen ist. (Im ersten Moment habe ich die vorgelagerten Verwerfungen für den 富士山, aber es war schnell klar, dass diese zu flach und (horizontal) zu weitläufig sind.) Von 沼津 bin ich noch etwa fünfzig Minuten nach 静岡 gefahren.
Nachdem ich meine Koffer in der Unterkunft abgegeben hatte und die zu frühen Morgenstunden im Starbucks verbracht habe, bin ich dann in Richtung des 三保の松原 aufgebrochen. Das Wetter eher mäßig. Der Himmel war dicht bewölkt und nur selten drückte die Sonne durch die Wolkendecke. Hin und wieder regnete es. Kurz um Wetter, mit dem man bei einem Städtetrip gewiss kein Problem hat. Aber Wetter, dass — wenn man den 富士山 sehen möchte — die Chancen den oft wolkenverhangengen Gipfel zu sehen doch deutlich schmälert.
Der Weg der zu 三保の松原 führte, war an sich schon schön zu sehen. Gesäumt von Kiefern läuft man über eine Art hölzernen Steg auf den Stein-Strand zu. Es umgibt einen eine gewisse Ruhe und der sanfte, harzige, hölzerne Duft, den Kiefern ausstrahlen. Am Ende des Weges liegt ein kleiner Parkplatz mit ein paar Souvenir-Shops und auch zwei kleinen Museums-Containern. Ein paar Stufen führen dann in einen kleinen Kiefernwald, der sich zum Strand hin lichtet. Man geht über dunklen Sand und je näher man dem Wasser kommt, desto mehr Steine bedecken den Fußboden. Es sind große, runde und weiche Steine. Man kann nicht darüber gehen, ohne einen davon aufzuheben und durch die Hände gleiten zu lassen. Die Hitze der Steine und weichen Kanten schmeicheln den Händen, sodass man den ersten der Steine weglegt, wenn man den nächsten in der Hand hat. Der Blick über den Ozean war — so wie eigentlich immer — beeindruckend. Zu meiner Überraschung hatte ich großes Glück. Neben dem faszinierenden Wellenspiel und der harmonischen Weichheit der Landschaft, war in der Ferne der 富士山 zu sehen, sogar »oben ohne« könnte man sagen. Ob wohl der Himmel immer noch dicht mit Wolken verhangen war, konnte man den Gipfel erkennen. Ich wusste gar nicht, dass der Gipfel im Sommer gar nicht Schnee bedeckt ist.
Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie sich diese Landschaften aus der Ferne aufbauen. Die ersten Verwerfungen, die am nächsten Liegen, lassen noch zahlreichen Grüntöne der Wälder erkennen. In den dahinter liegenden Verwerfungen reduzieren sich die Details und die Grüntöne verblassen in Blautönen. Bis sich scheinbar grafisch nur noch Flächen in heller werdenden Blautönen aneinanderreihen den Blick in die Ferne lenken.
日本平 ist bekannt für die Aussicht auf den Fuji. Hier bin ich jedoch enttäuscht worden. Nicht nur was es bei weitem zu bewölkt, um den Fuji zu erkennen, sondern bin ich hier mal wieder der »werthwein’schen Konstante«1 begegnet. Außerdem sind auf vielen Bildern von 日本平 auch immer Teefelder zu sehen, — einen alten Scheiß. Nicht einen einzigen blöden Busch hab’ ich gesehen. Ich hatte mich gefreut. Eine Landschaft mit einem »Flickenteppich« aus Teefeldern sind immer ein interessanter Anblick.
Anschließend war ich dann im 久能山東照宮-Schrein. Dieser Ausflug hat sich echt gelohnt. Dieser Schrein ist etwas ganz besonderes. Verzierungen, Malereien und Schnitzereien mit einem erstaunlichen Detailreichtum, sodass man je länger man schaut, umso mehr entdecken kann. Der Schrein hat sogar sein eigenes Showcase für »漫画« und »Star Wars«-Figuren. Was die Figuren mit dem ersten 徳川将軍 zu tun haben, weiß der Geier.
1 »werthwein’sche Konstante« — Ein Werthwein findet beim Sightseeing mit konstant hoher Wahrscheinlichkeit eine Baustelle vor.
Heute bin ich von nach 富士吉田, also auf die andere Seite des gereist. Wie es sich gehört hat es natürlich schon bei der Ankunft geregnet. Früh am Morgen hingen die Wolken so tief, sodass die umliegenden Verwerfungen nicht erkennen waren, von 富士山 mal ganz zu schweigen. Obwohl es sich gegen Nachmittag dann doch noch lichtete, war der 富士山 leider nicht zu erkennen. (富士吉田 liegt so ziemlich direkt am Fuße des 富士山.)
Den Tag über habe ich mich dann eher in 富士吉田 herumgetrieben. Man braucht sich die 富士山-Spots ja nicht anzusehen, wenn der 富士山 nicht zu erkennen ist, oder?
Das Wetter war heute nicht besser. Im Gegenteil, sogar noch schlechter. Mit heftigen Windböen fegte hier der Wind durch das kleine 富士吉田. Der Regen so dicht, dass es schon fast wie feiner Sprühregel oder Nebel aussah. Also natürlich auch heute wieder nichts 富士山 zu sehen und das bei gerade dreieinhalb Tagen in 富士吉田. WHAT THE FUCK!?
Vormittags bin ich dann 2,3 Kilometer zum nächsten Starbucks gelaufen und habe von dort aus das Naturschauspiel betrachtet und Fachlektüre zum Thema »Web Design« gelesen. Was macht man denn auch sonst, wenn man auf Reisen ist? WHAT THE FUCK!?
Auf dem Hinweg, kam ich noch mäßig trocken im Starbucks an. Auf dem Rückweg wurde es dann aber schon heftiger. Mich erwischte dann eine Windböe und dann war ich klatschnass. Zumindest überall da, wo nicht Regenjacke war. Zum späten Nachmittag/frühen Abend hin, artete das Ganze dann mehr und mehr aus. Also saß ich Hostel und habe dann endlich meine Postkarten geschrieben. Ansonsten hätte ich damit wohl im Flugzeug auf dem Rückflug angefangen ... LOL!
Wie sich dann gegen später herausstellte, war das, was ich als Regen und Sturm erlebt hatte ein Teil des größten 台風 in Japan in den letzten 25 Jahren. Glücklicherweise hatte uns der 台風 nur gestreift.
Den ausgewachsenen 台風 hätte ich in meiner derzeitigen Unterkunft nicht erleben wollen. Schon das, was uns erreichte, war gruselig. Wind und Regen mit einer Wucht drückten gegen die Hauswand, sodass man das Haus erzittern spüren konnte.
富士吉田 ist ein Dorf, das doch recht abgelegen und daher nur umständlich mit der Bahn zu erreichen ist. Also habe ich einen Fernbus bei »Willer Express« gebucht. Allerdings ein Bus, der ab »Mt. Fujisan Station« abfährt. Also war ich gezwungen meine Ungetüme von Koffern etwa 1,4 Kilometer bergauf zu schieben. Was eine Quälerei! Also bin ich heute Morgen um kurz nach 05:00 Uhr aufgebrochen. Der Anblick der sich mir dann schon nach kurzer Zeit und auch nur für einige Minuten bot, kam aber vollkommen für diese Strapazen auf.
Die Sonne ging langsam auf und ließ 富士山 in einem erdigen, warmen Braun-Rot am Himmel. Kleine Schäfchen-Wolken bedeckten den bläulichen Himmel aus dem langsam die letzte Dunkelheit schwand.
Diese Szenerie erinnerte mich an das 浮世絵 »Südwind bei klarem Morgengrauen«. Eines der 浮世絵, das für mich bisher nie etwas besonderes gewesen war. Ein 浮世絵, das mir auch nicht besonders realistisch erschienen war. Das änderte sich heute. Es war schlichtweg erstaunlich, wie 葛飾 北斎 hier realistisch und in seinem eigenen Stil eine monumentale Szenerie festgehalten hat, die man nur wenige Minuten zu betrachten vermag.
Wenn man reist, dann kommt es hin und wieder vor, dass man den Besuch einer Stadt infrage stellt. Hat sich der Besuch gelohnt? Hätte ich meine Zeit in einer anderen Stadt sinnvoller verbringen können?
So ging es mir mit 富士吉田. Nicht nur ist die Stadt am Fuß des 富士山 nicht besonders groß, sondern auch die ganzen Shops schienen andauernd geschlossen zu sein. Dazu kommt dann natürlich noch der 台風, der das Städtchen streifte.
Allerdings gibt es doch immer wieder Erlebnisse, die all diese Fragen und Umstände nichtig werden lassen. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die einen Ausflug lohnenswert machen. Heute war das: »Südwind bei klarem Morgengrauen«.
Nach meiner Ankunft in 成田 habe ich mir den nahegelegenen Tempelkomplex 成田山 abgesehen. Die Gebäude des Tempels sind so schmuckreich verziert, dass dieser Tempel ganz gewiss zu den Schönsten gehört, die ich soweit gesehen habe. Darüber hinaus ist das Gelände sehr weitläufig und hat neben dem Hauptgebäude noch viel zu bieten; eine kleine traditionelle, buddhistische Bibliothek, zwei beeindruckende Pagoden und noch einiges mehr. Hier kann man viel Zeit verbringen. Wenn man einen Tag Zeit hat, dann lohnt sich die Anfahrt aus 東京 auf alle Fälle.
Ein kleiner Bonus ist auch die angeschlossene Shopping-Straße 成田山表参道, die vor allem mit Leckereien und Handgearbeitetem lockt.
Bei meinem Besuch des 成田山 wohnte ich eher zufällig einer buddhistischen Zeremonie bei. Vor allem die Klänge waren hier besonders interessant. Es wurden — was Ich als Mantren bezeichnen wurde — gesungen. Mantren, die ab einem gewissen Punkt zu einem an- und abschwellenden sich verändernden Ton vermengten. Es gab auch immer wieder metallene Klopfgeräusche. An einem Punkt machte mein Herzen einen Hüpfer, als einer der Mönche — den ich zuvor nicht gesehen hatte — auf einen Trommel schlug. Der Trommelschlag hallte durch diesen Tempelbau und schien in allem zu vibrieren, schien alles erzittern zu lassen. Mich hätte interessiert, wie das geklungen hätte, wenn er auf die Trommel geschlagen hätte, die daneben stand, deren Trommelfell eine Spanne von gut zwei Metern hatte.
Die Zeremonie als solche war auch interessant. Es war vor allem spannend zu sehen, wie viele religiöse Aspekte hier einfließen. (Ich will hier keine Diskussion »Buddhismus - Religion oder Philosophie« vom Zaun brechen. Es gab nur einige Rituale, die sehr deutlich an einen Religions- oder Gottesglauben erinnern.) Unter anderem wurde ein Feuer entzündet in dessen Rauch zuerst Gegenstände des Tempels und dann auch Gegenstände der Anwesenden in den aufsteigenden Rauch gehalten wurden. Vielleicht eine Art Weihe oder Glückssegen oder so? Aber, war das Buddhas Intention?
Beim Check-in das Hostel in der Nähe des Flughafens, von dem aus ich am Folgetag nach 札幌 fliegen würde, erwarteten mich schlechte Nachrichten. Nachdem mich der Taifun »Jebi« in 富士吉田 glücklicherweise nur streifte, war 北海道 heute, einen Tag vor meiner Anreise, von einer Reihe von Erd- und Nachbeben getroffen worden. Mein Ausflug nach 札幌 fiel somit leider erst mal aus, was mich ärgert, da ich mich wirklich auf 札幌 gefreut hatte. Alber im Gegensatz, zu den dort Betroffenen kann/sollte ich mich nicht beschweren.
Hier möchte ich auch noch anbringen, dass mich hier die Airline, bei der ich meinen Billigflug gebucht hatte, sehr überrascht hat. Da es sich um einen Billigflug und um einen (aufgrund meiner ohnehin reisenden Situation) nicht versicherten Flug handelte, erwartete ich keine Kulanz bei meiner Stornierung. Aufgrund der (unberechenbaren Situation) erstatte mir die Airline jedoch die vollständige Buchung in Form eines Vouchers. Danke, Jetstar!
Heute bin ich dann ins Zentrum von 東京 umgezogen. (Bei 東京 ist es irgendwie schwierig ein Zentrum auszumachen. In diesem Fall heißt Zentrum in die Nähe des Bahnhofs.)
Da diese Umzüge — vor allem mit zwei so Ungetümen von Koffern — immer besonders anstrengend sind, habe ich mich am Nachmittag auf die Besichtigung zweier Museen begrenzt. So bin ich auf dem Weg in eines der Museen in das erste Mal in einem Convenience Store gelandet, der von der Mittagspause der arbeitenden Bevölkerung heimgesucht wurde. Das war interessant zu sehen. Ich glaube nicht, dass eine japanische Mittagspause länger ist, als es eine in Deutschland typischer Weise wäre. Dennoch stellen sich die Japaner geduldig, einer nach dem anderen, an dem Verteilungspunkt für die Kasse an und das obwohl die Leute schon fast bis zur Eingangstür stehen. (In den Convenience Stores gibt es mehrere Kassen, aber nur eine Schlange. An diesem Knotenpunkt verteilen sich die Wartenden einer nach dem anderen auf die frei werdenden Kassen. Also nicht wie in Deutschland, wo man sich direkt an einer Kasse anstellt.)
Im folgenden Nachmittag war ich dann im 大相撲-Museum, dass vor allem den Yukuzuna Futubayama behandelt. Die Ausstellung war sowohl interessant, als auch informativ. Seit den Kämpfen im Juli hat mich das Thema 大相撲 schon irgendwie gepackt.
Außerdem war ich im Edo-Tokyo Museum, das einerseits sehr interessant und auch irgendwie informativ ist, andererseits ist das Museum auch bei weitem zu groß und zu verwinkelt. (Das Museum ist bei Touristen auch sehr beliebt.) Man ist schnell überflutet mit Informationen.
Heute habe ich den 牛久大仏 [Ushiku Daibutsu] in der Präfektur 茨城県 [Ibaraki] gesehen. Dieses Monument war einst mit 110 m die höchste bronzene Buddhastatue der Welt. Schon von weiten, bei der Anreise mit dem Bus, kann man die Statue über die Bäume und Häuser hinausragen sehen. Wenn man davor steht, überragt einen dieser gewaltige Koloss in einer solchen Größe, sodass man sich fast unbedeutend vorkommt. Die gewaltige Größe steht in einem gewissen Kontrast zu dem friedliebenden Gesicht, das hoch oben thront. Ein wahrlich beeindruckender Anblick.
Die Statue selbst beherbergt sogar ein kleines Museum. Man betritt den Buddha durch eine kleine Eingangshalle mit einigen kleinen, simplen Statuen, die aufwendig beleuchtet sind. Durch eine kleine Ausstellung, die die Entstehung und die Inszenierung dieses Monuments thematisiert, bewegt man sich auf einen Aufzug zu. Über diesen Aufzug gelangt man dann in den fünften Stock, von wo aus man aus der Brust der Statue auf die Landschaft, die sich nun unter einem ausbreitet, hinausblicken kann. In diesem Stockwerk sind auch einige weitere, spezielle Darstellungen eines Buddha ausgestellt. Über eine Wendeltreppe, an deren Abstieg eine kleine goldene Buddhastatue in einem Glaszylinder sitzt, gelangt man in den vierten Stock, wo man in einem kleinen Souvenirshop lustwandeln kann. Im dritten Stock gelangt man sozusagen in das Heiligtum — den Tempel innerhalb des Buddhas. Im Kreis um das Treppenhaus im Zentrum der Figur stehen hier Regale, die bis zur hohen Decke hinaufreichen. Alles ist in Goldtönen gehalten. Fach um Fach reihen sich hier Buddhafiguren aneinander. Hauptsächlich kleinere Fächer nur hin und wieder unterbrochen von größeren Fächern. In fast jedem Fach steht eine Figur. Die Figuren sind in ihrer Machart alle gleich, nur ihre Größe variiert dem Fach entsprechend. Außerdem ist fast jedem belegten Fach auch eine Art Namensschild zugeordnet. Die Vielzahl dieser Statuen ist schlichtweg überwältigend. In gewisser Weise nimmt man sofort eine gewisse andächtige Haltung ein. Von dort führt der Weg dann durch eine Meditationshalle für Besucher zum Ausgang.
Alles in allem ist der 牛久大仏 [Ushiku Daibutsu] definitiv sehenswert, wenn man sich denn für das Thema »Buddhismus« interessiert. Leider ist der 牛久大仏 [Ushiku Daibutsu] leider nur umständlich und mit etwas Zeit von 東京 [Tokyo] aus zu erreichen.
Ich war bereits in einigen 浮世絵 [Ukiyo-e]-Museen in verschiedenen Städten Japans. Doch die Ausstellung im Sumida Hokusai Museum in 東京 [Tokyo] ist trotz des sehr konzentrieren thematischen Fokus — »Brücken« — eine der interessantesten Ausstellungen, die ich sehen durfte. Die Ausstellung ist gut konzipiert und lenkt den Blick durch die einzelnen Werke und gibt dabei einen historischen Hintergrund mit direkter Anbindung an 江戸 [Edo] — 東京 [Tokyo].
Vor allem die derzeit spezielle Ausstellung mit den Darstellungen der »Brücken« in 浮世絵 [Ukiyo-e] war besonders interessant anzusehen. Die fest installierte Ausstellung befasst sich mit demselben Thema, fokussiert aber mehr auf die Entwicklung der Brücken, um den Stadtteil 墨田区 [Sumida] über die Jahrhunderte. Außerdem zeigt die Ausstellung eine Entwicklung in der Darstellung und Bedeutung von Brücken in dieser Kunstform.
Mehr oder minder verzweifelt bin ich heute nach 日光 [Nikko] gefahren. [Da ich schon so viel gesehen habe — auch im Bereich 東京 [Tokyo] — fällt es mir schwer mir Dinge auszudenken, die ich gerne noch besuchen würde. In gewisser Weise ist mein Kopf übersättigt. Wenn man so viel gesehen hat, wirken viele Dinge nicht mehr sonderlich attraktiv. Warum? Weiß ich auch nicht.]
Also habe ich mich heute Morgen von 日本橋 [Nihombashi] auf den Weg nach 日光 [Nikko] gemacht, wieder mit den Ungetümen von Koffern. Die Kofferschlepperei ist in 東京 [Tokyo] an sich nicht sonderlich schlimm, da die Straßen und Gehwege meist breit genug, flach genug und außerdem in hervorragendem Zustand sind. Das Problem stellen hier eher die U-Bahnen dar. Denn die U-Bahnen liegen hier scheinbar besonders weit unter der Erde. So fühlt es sich zumindest an. Der Witterung wegen in der Regenjacke schwitzend, habe ich meine Koffer die scheinbar endlosen Treppen hinab getragen und beim Bahnsteigwechsel wieder hochgetragen. Gepaart mit dem Stress der Bahnen und Schranken und dem Gegenverkehr, war das Ganze so anstrengend, sodass mir anschließend auf dem Bahnsteig beinahe das Licht ausging.
[Eine der Gastgeberinnen meines letzten Hostels meinte, dass Tokyo die wohl tiefsten U-Bahnen der Welt habe.]
In 日光 [Nikko] habe ich heute den mittlerweile mehr und mehr an Bekanntschaft gewinnenden 日光東照宮 [Nikko Toshogu Schrein] besucht. [Der Schrein enthält unter anderem die letzte Ruhestätte, des ersten Tokugawa Shoguns.]
Bei diesem Schrein war der Eintritt mit ¥ 1300 am »teuersten«. [Mit dem dazugehörigen Museum sogar: ¥ 2300.] Der Eintritt für den Schrein hat sich dennoch auf alle Fälle gelohnt. Man bekommt hier etwas ganz besonderes zu sehen. Die verschiedenen Bauten des Schreins sind so detailiert gearbeitet, sodass das Auge kaum alle Details erfassen kann. Schnitzereien, Gravuren, Metallbeschläge und so vieles mehr. Selbst wenn man all diese Dinge mit modernen Mittel nachbilden wollte, würde es wahrscheinlich eine halbe Ewigkeit dauern, das Gesamtwerk nachzuempfinden. Mit Metallfräse, Folienplotter, Druck und all den Möglichkeiten wäre es gewiss ein Leichtes die ganzen Einzelteile zu gestalten und anzufertigen. Doch die schier endlose Zahl an Einzelteilen und die Zusammenstellung, Stapelung und Verschachtelung macht das Gesamtkonzept selbst mit heutigen Mitteln unheimlich komplex.
Wenn man also sich diese Sachen wirklich ansieht und nicht nur mit dem Blick durch den Sucher/Smartphone-Bildschirm durchläuft, ist die Handwerkskunst und der Detailgrad, die man hier zu sehen bekommt, regelrecht überwältigend.
Hinzukommt, dass alles — restauriert und gepflegt — fast aussieht wie neu.
Der Pudding-Shop »Pudding Tei« ist in 日光 [Nikko] relativ bekannt und war eigentlich auch eines meiner Ziele, denn die angebotenen Sorten, wie beispielsweise »Salted Caramel« hören sich doch recht interessant an.
Als ich heute an dem Laden vorbeikam, hielt ich also einen Moment inne. Die Leute standen in dem Laden bereits Schlange und es gab abgesehen von zwei kleinen Stehtischchen keine Möglichkeiten um hin zu sitzen und zu genießen. Davon abgesehen warf ich hier einen Blick auf die servierten Pudding-Desserts und war damit bedient. Die verschiedenen Puddings wurden in einem etwas zu groß geratenen Schnapsglas mit einem Turm Sahne serviert. Vorneweg kleine Portiönchen bei Desserts sind in Japan nicht unüblich und eigentlich auch gesünder. Was mich hier störte, war der Turm aus Sahne. [Sahne ist Kalorienverschwendung. Die Kalorien kann man getrost für etwas anderes opfern.]
Also bin ich weitergelaufen — ohne Pudding. Doch am Dessert-Shop direkt daneben habe ich dann wieder angehalten. Diese Desserts stachen hervor. [Hier gab es zwar auch die üblichen 鯛焼き [Taiyaki] mit den hier beliebten Äffchchen — »See no evil, Hear no evil, Say no evil.«, aber um die geht es hier nicht.] Hier gab es どら焼き [Dorayaki] bestehend aus zwei Pancake-Patties [oben und unten] einer dünnen Scheibe hellem, weißem Mochi und einer hohen gekühlten Creme, die im Kern mit der typisch japanischen Bohnenpaste — 餡子 [Anko, Rote Bohnenpaste] — gefüllt ist. Dabei gab es auch Variationen der Creme; 抹茶 [Matcha], 餡子 [Anko, Rote Bohnenpaste] und Erdbeere. [Je nach Saison gibt es auch noch Mango.] Dieses Dessert, war von all denen, die ich im letzten halben Jahr probiert habe, ganz weit oben dabei. Nicht nur geschmacklich, sondern auch von der Konsistenz her war das hier ein sagenhaftes Erlebnis. Die fluffigen Pancakes, wie man sie aus Amerika kennt, sind fast knusprig im Vergleich zu dem, was einen im Inneren dieses どら焼き [Dorayaki] erwartet. Die gekühlte Creme und das dünne 餅 [Mochi] sind so zart und weich, wie Watte.
Heute war ich das erste Mal Yaki Soba — gebratene Nudeln — essen. Das war ein Traum. Diese gebratenen Nudeln sind nicht mit denen zu vergleichen, die man aus anderen asiatischen Ländern oder aus deutschen [asiatischen] Restaurants kennt. Auf dem Barstuhl direkt an der Theke sitzend, wählte Ich einen Schärfegrad [auf einer Skala von 1 bis 3] und der Koch bereitete eigens für dieses Gericht eine Art Pasta [Öl, Gewürze, etc.] zu. Dann wurden Nudeln zusammen mit etwas Gemüse angebraten. Dazu gab es, wie es bei Ramen auch üblich ist, ein Stück Braten. Braten aus dem siebten Himmel! [Fleisch so zart, dass es förmlich auf der Zunge zergeht.]
Das ganze Gericht war ein wahrer Genuss und auch sehr sättigend. Durch die Fette ist das Gericht allerdings auch relativ schwer. [Ähnlich, wie meine geliebten Kaenkaramen in Kyoto — nur halt nicht Ramen.]
Heute morgen bin ich aufgestanden und es hat sich gleich der Muskelkater vom »Koffer schleppen« als anwesend gemeldet.
In letzter Zeit regnet es öfters. Man könnte fast meinen es sei Regenzeit. Der Regen ist nicht stark, sondern sogar sehr weich. Dennoch regnet es teilweise stundenlang ununterbrochen.
Natürlich war ich trotzdem unterwegs. Da 日光 [Nikko] durch das viele grün auch bei Regen ganz entspannend ist, habe ich heute absichtlich einen Weg abseits der üblichen Touristenwege genommen. Ab der heiligen 神橋 [Shinkyo]-Brücke bin aus dem Zentrum hinaus und am Fluss entlang gelaufen. Man kann viel Zeit entlang des Flusses verbringen. Das sprudelnde Rauschen des Wassers, das über Steine hinweg fließt, ist beruhigend und berauschend zugleich. Es versetzt einen mental in eine andere Welt. Bei dieser eher kleinen Wanderung bin ich auch an einer Reihe bemooster, steinerner Buddhastatuen vorbeigekommen. Statuen, die mit ihrem roten Mützchen und ihrem roten Lätzchen, teilweise komisch anmuten. Teilweise sitzt das rotze Mützchen auf einem großen Stein, der dort zwischen den Schultern liegt, wo zuvor wohl ein Kopf gewesen war. Manchmal sind die Proportionen etwas verzerrt oder die Gesichtszüge etwas schief, sodass es beinahe so aussieht, als würde die Statue von ihrem Lätzchen stranguliert.
Abschließend war ich noch dem 輪王寺 [Rinno-ji] Tempel, der unterhalb des 日光東照宮 [Nikko Toshogu] Schreins liegt.
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